Die Schatzkiste Tirols
Sammlungs- und Forschungszentrum
der Tiroler Landesmuseen
Millionen historischer Kostbarkeiten aus den regionalen Landesmuseen lagern vor dem Hintergrund der imposanten Alpenkulisse in diesem Depot in Hall in Tirol. Nach außen strahlt der »Tresor« Selbstbewusstsein und Beständigkeit aus, im Inneren bietet eine klare und einfache räumliche Gliederung optimale Bedingungen für die ForscherInnen und die Artefakte – mit einer erstaunlich simplen technischen Lösung.
Details
Fotografie
Andreas Buchberger, Christian Flatscher
Auftraggeber
Land Tirol, Abteilung Hochbau
Status
Realisiert
NGF
12.760 m²
Baukosten
20,3 Mio. €
Auszeichnungen
Staatspreis Architektur 2018, Sonderpreisträger
geplant+ausgeführt 2018, Preisträger
AIT Award 2018, Anerkennung
»Das Gebäude überzeugt mit seiner Formensprache und ist ein interessanter Beitrag zum zeitgenössischen Kulturbau mit hybrider und räumlich spannender Nutzung.«
Jury, Staatspreis Architektur 2018, Sonderpreis
Kostbare Sammlungen
Das Gedächtnis der Menschen ist bekanntlich kurz, hier wird es bewahrt. Keine zur Gänze erhaltene, so doch zumindest der Fuß einer 3.000 Jahre alten Mumie, eine Million konservierte Alpenschmetterlinge, wertvolle gotische Skulpturen, steinzeitliche Keile, diverse Streichinstrumente des legendären Tiroler Geigenbauers Jakob Stainer. Die Liste ist lang. Im neuen Sammlungs- und Forschungszentrum Hall lagern unzählige historische Kostbarkeiten mit einem geschätzten Wert von über einer Milliarde Euro.
»Wir wollten, dass das Gebäude Selbstbewusstsein und Beständigkeit ausstrahlt, es soll aber auch neugierig machen.«
Robert Diem, Franz&Sue-Partner
Reduziert und hermetisch
Als Tresor wacht der quadratische, flache Monolith über die Kulturschätze, die aus zahlreichen Depots und Sammlungen der Tiroler Landesmuseen an diesem Ort zusammengeführt worden sind; das Gedächtnis des Landes gesammelt in einer von außen geheimnisvollen Schatzkiste vor dem Hintergrund der mächtigen Alpengipfel.
Die mit grauen, glasfaserverstärkten Betonplatten (FibreC) verkleidete Fassade mit ihren unregelmäßigen faustkeilförmigen Ausbuchtungen gibt sich hermetisch und wehrhaft wie eine Rüstung. Wenige reduzierte Perforierungen durchbrechen die panzerartige Haut: das Tor für die Lkw-Schleuse, Lüftungsschlitze, die gesetzlich vorgeschriebenen Fenster zur Tischlerei und der Haupteingang. Rot leuchten die Innenseiten des Tores dann, wenn es an den Arbeitstagen geöffnet ist. Regelmäßigen Publikumsverkehr gibt es nicht.
»Mir gefällt besonders, dass sich das Gebäude vor dem Bergpanorama zurücknimmt, obwohl es so viel Fläche unter einem Dach beherbergt.«
Laura Resenberg, Leiterin Restaurierungswerkstätten
Zwiebelprinzip
Das räumliche Konzept ist einfach und klar. Im Außenring befinden sich nach dem Zwiebelprinzip 7.500 m² Depotflächen, dann folgt ein Gang- bzw. Erschließungsring, im Kern gruppieren sich die hellen Arbeits- und Atelierräume für die drei Dutzend MitarbeiterInnen um das introvertierte, begrünte Atrium, das sich die WissenschaftlerInnen als einen »kontemplativen Denkkreis« für ein konzentriertes Forschen und Arbeiten gewünscht hatten.
»Das Atrium assoziiert eine Atmosphäre wie in einem Klosterkreuzgang. Wir finden reizvoll, dass Außen und Innen in einem so großen Kontrast zueinanderstehen.«
Corinna Toell, Franz&Sue-Projektleiterin
Lagern, forschen, restaurieren
Zwei der drei Geschoße sind in der Erde versenkt und erreichen ohne aufwendige Technik für den klimatisch autarken Depotbereich eine optimale Temperatur von 19 Grad Celsius und 50 Prozent Luftfeuchtigkeit. In seiner Silhouette wird der Baukörper entsprechend der Hanglage eingeschnitten. Der im Außenring gelagerte Fundus ist durch Schleusen über den Erschließungsgang von den Büros, den Werkstätten, Pack-, Entlade- und Konservierungsräumen, dem Fotoatelier und der Tischlerei auf kurzen Wegen erreichbar. »Für uns RestauratorInnen hat sich die Arbeitssituation im Vergleich zu früher erheblich verbessert«, sagt Laura Resenberg, Leiterin der Restaurierungswerkstätten. »Nun ist es möglich, sich auf die Schnelle mal ein Exponat anzuschauen. Die passenden Ateliers liegen dem jeweiligen Depotbestand direkt gegenüber. Sich mit unseren Wägen barrierefrei auf einer Ebene zu bewegen, macht alles viel einfacher.« Forschen, nachdenken und mit FachkollegInnen diskutieren – konzentriert an einem Ort, in Ruhe und direkt am Objekt. Das Gedächtnis der Menschen ist kurz, es zu bewahren ein aufwendiger und doch lohnenswerter Prozess.
»Das ist mehr als ein Depot. Hier ist Expertise eingezogen. Das ist ein sensationeller Qualitätssprung!«
Wolfgang Meighörner, ehemaliger Direktor der Tiroler Landesmuseen
Auftragsart
EU-weit offener Wettbewerb
Auftraggeber
Land Tirol, Abteilung Hochbau
Realisierung
2015–2017
BGF
14.030 m²
Auftragsumfang
Generalplanung und ÖBA
Ort
Hall, Tirol
Status
Realisiert
Baukosten
20,3 Mio. €
Planung
2014–2015
NGF
12.760 m²
MitarbeiterInnen
Corinna Toell (PL), Joseph Suntinger, Arnim Dold, Wolfgang Fischer, Theresa Wauer, Susann Murtezani, Diana Nemeth, Eveline Leichtfried
Auszeichnungen
Staatspreis Architektur 2018, Sonderpreisträger
geplant+ausgeführt 2018, Preisträger
AIT Award 2018, Anerkennung
Statik
Petz
Bauphysik
Schöberl & Pöll
Thermische Gebäudesimulation
Jung Ingenieure
Gebäudetechnik
DI Dieter Schwaninger,
HG Engineering
Lichtplanung
Pokorny Lichtarchitektur
Landschaftsplanung
idealice
Brandschutzplanung
FSE Ruhrhofer Schweitzer
Leitsystem
Lichtwitz Leinfellner visuelle Kultur
Museumsplanung
Prevart
ÖBA
Gelmini & Baumgartner
Fotografie
Andreas Buchberger, Christian Flatscher