Offen für alle
Revitalisierung und Zubau Gemeindeamt Ottensheim, Oberösterreich
Der Weg zum neuen Amtshaus in Ottensheim führte über intensive Diskussionsprozesse mit der engagierten Gemeinde zu unserer Vision eines offenen Forums. Am Ende entwickelten wir – mit allen Beteiligten gemeinsam – ein repräsentatives, starkes Projekt, mit dem sich alle identifizieren können.
Details
Fotografie
Hertha Hurnaus, Kurt Bayer
Auftraggeber
Verein zur Förderung der Infrastruktur der Marktgemeinde Ottensheim
Status
Realisiert
NGF
970 m²
Baukosten
2,6 Mio. €
Auszeichnungen
Bauherrenpreis 2010,
Aluminium - Architektur - Preis 2010
»Es ist schön, wenn man während der Arbeitszeit einem frisch vermählten Ehepaar über den Weg läuft.«
Renate Gräf, Amtsleiterin in Ottensheim
Diskursiv engagiert
Die kleine, malerische Gemeinde Ottensheim an der Donau ist der älteste Markt des Mühlviertels. Die Identifikation der BewohnerInnen mit ihrem neuen Amthaus ist groß, denn es ist gemeinschaftlich entstanden. Eigentlich war das nicht so vorgesehen, aber dann passierte es eben, und am Ende kam etwas viel Stärkeres dabei heraus als ursprünglich geplant war. Dafür gab es dann auch 2010 den Österreichischen Bauherrenpreis und den Aluminium Architekturpreis.
»Ich glaube, zeitweise waren die Architekten optimistischer als ich.«
Ulrike Böker, damalige Bürgermeisterin von Ottensheim
Transparenz transformiert
Eine Fachjury befand 2005 einstimmig, dass unser Wettbewerbsentwurf eines offenen „Forum am Platz“, übrigens eines der ersten Projekte des damals erst frisch gegründeten Architekturbüros Sue (später Teil von Franz&Sue), dem Ansinnen der Gemeinde nach transparenter Gemeindepolitik baulich entsprechen würde. Weit gefehlt. Letztlich stieß unser gläserner, singulär stehender Baukörper aus verschiedensten Gründen auf den Widerstand vieler OttensheimerInnen. Wir stellten uns der Diskussion! Als Architekturbüro sind uns gesellschaftliche Bedürfnisse erst einmal wichtiger als formale Fragen. Wir hatten ein geübtes Gegenüber: Die OttensheimerInnen gelten als besonders diskursiv und engagiert, schon in den Achtziger Jahren entstanden in dieser Gemeinde die ersten Mitbestimmungsprojekte. So begaben wir uns mit den BürgerInnen in einen konstruktiven Partizipationsprozess und am Ende wurde – das ist das Herausragende an diesem Projekt – die Idee des offenen Amtshauses trotzdem umgesetzt, nur transformiert. Und auf diese Weise ist das Projekt noch ein Stück stärker in der Gemeindegeschichte verwurzelt.
Identität schaffen ist Arbeit
Man entschied sich gemeinsam für die Revitalisierung des baufälligen und denkmalgeschützten Gusenleitnerhauses im Ortskern. Welche Schätze kamen dort unerwartet zu Tage! Ein barockes Kreuzgratgewölbe, alte Holzdecken, sogar eine frühhistorische Deckenmalerei. Sensibel restaurierte man, plante Neues hinzu, verwendete verwertbare Bauteile wieder, wenn auch an anderer Stelle. Identität zu schaffen ist viel Arbeit, aber macht Freude.
»Das Haus gab sich in seiner Substanz divenhaft schwierig. Historie und Moderne fallen sich lachend in die Arme und das ästhetische und funktionale Endergebnis ist schlicht erstaunlich.«
Robert Wacha, Bundesdenkmalamt (†2019)
Verschmelzung von innen und außen
Der Gemeindesaal, der im Altbau keinen Platz fand, wurde in einem neuen Zubau untergebracht, der bei geöffneter Fassade Innen und Außen, wie man es von historischen südeuropäischen Bautypen kennt, verschmelzen lässt: Er wird zum gedeckten öffentlichen Raum zur Linzerstraße vorne und zum Arkadenhof hinten. Während die GemeindebeamtInnen im historischen Gebäudeteil ungestört ihrer Arbeit nachgehen können, wird hier ausgestellt, geheiratet, Musik gespielt, diskutiert und abgestimmt – alles, was die OttensheimerInnen eben so gerne gemeinsam tun. Die Geschichte des Hauses schreiben sie nun selber fort.
»Es gibt viele Leute, die direkt oder indirekt mit dem Projekt in Berührung standen. Es ist keine reine Verwaltungsbaulichkeit, sondern wirklich ein offenes Haus für alle. Keine Selbstverständlichkeit.«
Klaus Hagenauer, Architekt, Verfasser der Wettbewerbsausschreibung
Auftragsart
EU-weit offener Wettbewerb
Auftraggeber
Verein zur Förderung der Infrastruktur der Marktgemeinde Ottensheim
Realisierung
2009–2010
BGF
1.500 m²
Auftragsumfang
Gesamte Planung und ÖBA
Ort
Ottensheim, Oberösterreich
Status
Realisiert
Baukosten
2,6 Mio. €
Planung
2006–2007
NGF
970 m²
Auszeichnungen
Bauherrenpreis 2010,
Aluminium - Architektur - Preis 2010
Statik
Praher - Schuster
Bauphysik
Dr. Pfeiler
Fotografie
Hertha Hurnaus, Kurt Bayer