Bauen für die Demokratie
Generalplanerleistungen Sanierung Parlament, Wien

Ein politisch lebendiges Gebäude verhandelt die Fragen der Demokratie nicht versteckt in dunklen Katakomben unterhalb historischer Säle, sondern bietet Räume an, in denen sich eine zeitgemäße Verhandlungskultur ruhig, selbstbewusst und stolz nach außen zeigt. Prozesse, die öffentlich sichtbar sind, funktionieren anders als Handlungen, die intransparent im stillen Kämmerchen ablaufen. Für den Menschen zu bauen bedeutet für uns, keine weiteren Räume für eine hierarchische Repräsentation zu planen. Die gibt es im bestehenden Haus bereits. Wir möchten Orte anbieten, an denen Begegnungen und Auseinandersetzungen auf Augenhöhe stattfinden können.
Details
Auftraggeber
Republik Österreich
Status
Idee
NGF
47.000 m²
Baukosten
146 Mio. €

Eigentlich ist in diesem viele hundert Seiten starken Kompendium ja schon alles gedacht, die Nutzung von Solarenergie, die erlaubten minimalen Eingriffe in die denkmalgeschützte Gesamtsubstanz, der Wunsch der Denkmalschützer, dass möglichst alles so bleibt, wie es ist und nur nichts sichtbar wird. Was also anbieten?

»Wir haben die Ausschreibung gelesen. Klein ausgedruckt und in einen dicken Ordner gepackt, immer wieder.«
»Demokratie ist die Chance, den Staat zu vermenschlichen«
Carlo Schmid
Uns hat im Entwurfsprozess ein Gedanke von Carlo Schmid – den großen deutschen Staatsrechtler – begleitet. „Demokratie ist die Chance, den Staat zu vermenschlichen“. Für den Menschen bauen bedeutet für uns, keine weiteren Räume für eine hierarchische Repräsentation zu planen. Die gibt es im bestehenden Haus bereits. Wir möchten Orte anbieten, an denen Begegnungen und Auseinandersetzungen auf Augenhöhe stattfinden können.
Oder wie Günter Behnisch meinte:
»Macht ist heute dezentral, in der Regel nicht absolut einerseits, aber auch weniger klar erkennbar andererseits.«

In unserem Entwurf ist der Prozess der Meinungsfindung, der Raum für informelle Gespräche, aber auch die Verhandlungsmöglichkeit in unterschiedlichster Zusammensetzung der Kern des neuen Parlamentes. Und dieser Kern wirkt nach außen und innen. In Zusammenspiel mit dem stolzen bestehenden Gebäude.

Theophil Hansen sah in seinem Entwurf vor, unterschiedliche Funktionen in jeweils eigenen Baukörpern unterzubringen. Das gesamte System ist additiv und modular aufgebaut. Diesen Gedanken greifen wir im vorliegenden Entwurf auf, und stellen die Frage: „Was würde Hansen tun?“ „Welches Designset würde er aus seinem reichhaltigen Repertoire wählen, um auf die aktuellen Bedürfnisse zu reagieren?“ Wir sind der Meinung, er würde aus dem Modulkasten den entsprechenden Bauteil austauschen. Es entsteht eine Konzentration der relevanten Umbaumaßnahmen auf die Bereiche, die hoch genutzt werden und auch die meisten Defizite aufweisen, gleichzeitig können damit andere Bereiche entlastet werden. Der Bauteil „Herrenhaus-Nationalratssaal“ wurde nach Beschädigung im Zweiten Weltkrieg überformt und neu gestaltet. In diesem Bereich gibt es allerdings momentan aufgrund der heutigen Anforderungen die meisten funktionalen und inhaltlichen Defizite: Problematische Erschließungswege, zu kleine Couloirs, fehlende Neben- und Besprechungsräume, kein Bezug nach außen, mangelnde Barrierefreiheit und schlechte Sichtbezüge für die Besucherränge sind unserer Ansicht nach mit einem Umbau des Bestands nicht zu korrigieren. Daher sieht unser Entwurf einen Komplettumbau dieses Bauteils Nationalratssaal vor. Konzentriert auf dieses Modul können die funktionalen Mängel und fehlenden räumlichen Angebote in ihrem Kern gelöst werden. Als neues Herz des Hauses wird der Nationalratssaal mit seinen angeschlossenen Lokalen in die bestehende Struktur von Hansen wie ein neues Uhrwerk eingesetzt. Das bestehende Gebäude nimmt Neues auf und fasst es mit seiner historischen Fassade. Der Nutzungs- und Veränderungsdruck auf die anderen Bereiche des Hauses verringert sich dadurch stark. Der Bestand kann mit relativ geringem Umbauaufwand weiter gut funktionieren. Ein Teil des dafür vorgesehen Budgets wird frei.
»Was würde Hansen tun?«
Auftragsart
Vergabeverfahren Generalplanerleistungen
Auftraggeber
Republik Österreich
BGF
59.500 m²
Ort
Wien
Status
Idee
Baukosten
146 Mio. €
Planung
2014
NGF
47.000 m²
MitarbeiterInnen
Karin Brandstötter, Thomas Karl, Tamas Kurucsó, Nicola Schnabl, Julija Sutko
Statik
KPPK
Gebäudetechnik
Zentraplan,
IB Süd
Brandschutzplanung
Norbert Rabl
Kostenmanagement
PE CEE