Dornröschen in Gersthof
Denkmalgeschützte Sanierung und Umbau für eine Schulnutzung in Gersthof, Wien
Das hundert Jahre alte Orthopädische Spital Gersthof wird im Auftrag der BIG grundlegend saniert und für die Nutzung als Schule umfunktioniert. Unser Entwurf weckt das denkmalgeschützte Gebäude auf behutsame Weise aus seinem Dornröschenschlaf und schafft eine zeitgemäße, transparente Schule mit abwechslungsreichen Freiräumen.
Details
Auftraggeber
Bundesimmobiliengesellschaft
Status
In Bearbeitung
NGF
7.520 m²
»Die zwischen Spätsecession, Art Déco und Expressionismus angesiedelte Architektur hat sich offenbar schon früh einer hausinternen Wertschätzung erfreut und wird auch bis heute, trotz der notwendigen, zeitbedingten baulichen Eingriffe, liebevoll erhalten.«
Friedrich Achleitner in „Österreichische Architektur im 20. Jahrhundert“, Band III/2
Das ehemalige Orthopädische Spital im 18. Bezirk ist ein architektonischer Schatz der Hauptstadt, der bislang vielen WienerInnen unbekannt war. Der charakteristische Bau aus den 1920er-Jahren mit seiner langen Nutzung als Krankenhaus bringt für die Transformation in einen zeitgemäßen Schulbau allerdings vielfältige Herausforderungen mit sich. Vor allem die Trakttiefen von etwa fünf Metern und die Erschließung im Inneren sind auf den ersten Blick problematisch. Anstatt dem historischen Bestand die Struktur einer typischen modernen Clusterschule aufzusetzen, entwickeln wir das besondere Potential dieser charmanten Architektur mit ein paar gezielten Eingriffen.
Vom Krankenhaus zur offenen Schule
Die selbstständige Orientierung der SchülerInnen und kurze Wege im Gebäude sind für die optimale Schulnutzung zentral. Um die Zirkulation zwischen den fünf Geschoßen der Schule zu gewährleisten, nutzen wir die vorhandene Hauptstiege im vorderen Haupttrakt und schaffen eine neue großzügige Stiege im hinteren Teil des Gebäudes. Im Grundriss sind die großzügigen Treppen diagonal versetzt und bilden die beiden vertikalen Schnittstellen. Die schlecht belichtete Mittelgang-Typologie öffnen wir mit Durchbrüchen der Innenwände für verglaste Türen und Nischen. Dezentrale Pausenzonen ergänzen die lebendige Ader auf allen Geschoßen, die bestehenden Balkone und Terrassen weiten diesen flexiblen Freiraum zusätzlich aus.
»Bei näherer Untersuchung entdeckt man sehr bald den besonderen Charme und das Potential des Gebäudes.«
Robert Diem, Franz&Sue-Partner
Aus: Moderne Bauformen: Monatshefte für Architektur, Stuttgart, Jg. 1928
Eine Klasse für sich
Um Raum für größere Klassen und Gemeinschaftszonen zu generieren, ist es notwendig, einige nicht tragende Zwischenwände zu beseitigen. Die Garderobenflächen werden in die Stammklassen integriert. Dadurch können flexibel nutzbare Unterrichtsräume mit 70m² bis 80m² geschaffen werden. Die Spinde der SchülerInnen teilen den Raum in einen größeren Bereich für klassischen Unterricht und in eine kleinere Selbstlernzone. Aus dem Makel der geringen Trakttiefen wird so eine attraktive Lernlandschaft.
»Die denkmalgeschützten Fliesen im bestehenden Stiegenhaus zitieren wir mit einem neuen ornamentalen Fliesenmuster in den Erschließungs- und Pausenflächen. Die elegante Atmosphäre wird durch eine weiche Möblierung verstärkt und durch Parkettboden in den Klassen ergänzt.«
Suvi Repo, Projektleiterin im Team Wettbewerb
Aus Schule wird Bildungscampus
Im Zuge der Sanierung und des Umbaus erhält das Gebäude auch zusätzliche Funktionen. Das ehemalige Verwaltungsgebäude des Spitals nahe des Haupteingangs wandeln wir in ein Haus der Naturwissenschaften um – mit allem, was dazugehört. In zwei Klassen werden die Lehrenden Biologie, Physik und Chemie erklären, im Labor können die SchülerInnen das Gehörte selbst umsetzen, experimentieren und Versuche durchführen.
Und noch etwas wird sich am Grundstück ändern und es zu einem vollwertigen Schulstandort aufwerten: Für den Sportunterricht errichten wir im Süden des Parks zwei multifunktionale Sportpavillons mit viel Tageslicht, die im Untergeschoß durch gemeinsame Garderoben verbunden sind. In der Turnhalle können die SchülerInnen sämtliche Ballsportarten ausüben, die Bewegungshalle besticht durch eine Boulderwand, eine faltbare Spiegelwand und eine Terrasse mit Blick über Wien. So ermöglicht sie ein vielfältiges Sportangebot wie Bouldern, Tanzen, Yoga und Gymnastik. Auch kann sie für Veranstaltungen wie Musikaufführungen oder Lesungen genutzt werden. Nach außen gliedern sich die beiden pavillonartigen Hallen mit ihrer geschuppten Holzfassade in den Park ein, im Inneren offenbart sich eine helle Sportwelt, die durch den konstruktiven und haptischen Einsatz von Holz und durch vielfältige Nutzungsmöglichkeiten geprägt ist.
Grün, so weit das Auge reicht
Eine der größten Stärken dieses Bauwerks ist seine Umgebung – eingebettet in eine märchenhafte Parkanlage, ideal für spielende Kinder, spazierende Lehrende und verträumte Ausblicke. Den Bezug zum Grünraum maximieren wir durch die Aktivierung aller Balkone und Loggien an der Ostseite, die sonnige Loggienzone im Süden bleibt erhalten. Das Außengelände wird um etwa einen Meter abgesenkt und ein ebenerdiger Zugang ins Freie ermöglicht. Über das Gartengeschoß mit Speisesaal, Aufenthaltszone und Bibliothek gelangt man in den Arkadenhof mit Sitzstufen und einem Lesegarten – hier können die SchülerInnen verweilen oder weiter in den Park flanieren.
Auftragsart
EU-weit offenes Verhandlungsverfahren
Auftraggeber
Bundesimmobiliengesellschaft
BGF
9.180 m²
Auftragsumfang
Generalplanung
Ort
Wien, Österreich
Status
In Bearbeitung
Planung
2021
NGF
7.520 m²
MitarbeiterInnen
Corinna Toell (Teamleiterin), Johannes Alge (PL), Ema Stojević, Julia Aigner, Daniel Löschenbrand, Maximilian Ebner, Thomas Huck, Paulina Lakomiec, Natali Stefanova, Suvi Repo, Angela Lulati
Statik
Petz
Bauphysik
Bauklimatik
Gebäudetechnik
Bauklimatik, Hross & Partner
Landschaftsplanung
idealice
Brandschutzplanung
Hoyer Brandschutz