Lernkultur = Leoben
Volksschule und Neue Mittelschule unter Denkmalschutz in Leoben, Steiermark
Dank eines intensiven Partizipationsprozesses mit allen Beteiligten – bereits in der Wettbewerbsphase – konnten wir aus einem dunklen, nicht mehr zeitgemäßen Schulzentrum einen hellen, freundlichen Ort der Begegnung, des gemeinsamen, selbstbestimmten und flexiblen Lehrens und Lernens generieren, mit dem sich nun alle identifizieren.
Details
Fotografie
Hertha Hurnaus
Auftraggeber
Infra KG Stadtgemeinde Leoben
Status
Realisiert
NGF
9.402 m²
Baukosten
14.4 Mio. €
Auszeichnungen
best architects 21, Bessere Lernwelten
Leoben ist die zweitgrößte Stadt der Steiermark. Die Montanuniversität und die ansässigen Industrieunternehmen prägen diesen Ort und seine BewohnerInnen. Ein regionales Zentrum mit Tradition und Baukultur, aber auch mit einer heterogenen Bevölkerung und darunter vielen jungen Menschen, die eine besondere pädagogische Begleitung benötigen.
»Mir ist ganz wichtig, dass unsere SchülerInnen stolz auf ihre Schule sind und sich unsere LehrerInnen wohlfühlen.«
Kurt Wallner, Bürgermeister Leoben
Alle reden mit
Die Volksschule und Neue Mittelschule mit 600 Kindern und Jugendlichen teilten sich an einem der größten Schulstandorte der Region schon immer ein Gebäude – jedoch ohne Synergien zu nutzen. Wir nahmen den Architekturwettbewerb zur Sanierung und Erweiterung des Bildungszentrums zum Anlass, mit allen Beteiligten darüber zu diskutieren, wie eine gemeinsame Identität geschaffen werden könnte, ohne die eigenständigen Qualitäten und Anforderungen der einzelnen Schulen zu vernachlässigen.
Planen auf Augenhöhe
Begonnen hat dieser Prozess nicht wie sonst im ersten Verhandlungstreffen, sondern schon während der Wettbewerbsphase, in der wir in mehreren Workshops mit den 70 LehrerInnen die Aufgabenstellungen und Anforderungen diskutierten. Moderiert hat die Gespräche das Wiener Architekturbüro nonconform. Dadurch hatten wir die Möglichkeit, Wünsche und Bedürfnisse der PädagogInnen in unseren Entwurf und später in die Planung einzubeziehen. Im Gegenzug lernte unser Gegenüber von unserer langjährigen Erfahrung im Schulbau.
»Das Besondere an unserem Entwurf ist, dass der Großteil der Bausubstanz erhalten blieb und doch eine ganz neue Schule entstand.«
Martino Libisch, Franz&Sue-Projektleiter
Aus dunklem Alt mach helles Neu
Den denkmalgeschützten Altbestand der 1904/05 erbauten Schule konnten wir in seiner Substanz belassen, durch den Abbruch der Schulwarthäuschen und der Sanitäranlagen schufen wir mehr Platz und Transparenz. Den so entstandenen Raum zwischen dem denkmalgeschützten Klassentrakt und dem Turnsaalgebäude füllten wir mit großzügigen und zum Garten geöffneten Gemeinschaftsflächen.
Das Gesicht der Schule mit dem neuen Haupteingang orientiert sich nun zum Grünen. Die eingeschobenen, getreppten und verglasten Fugen mit teils überdachten Terrassen bieten den Kindern und Jugendlichen großzügige, gemeinsam nutzbare Freiräume mit Blick auf die alte Stadtwiese.
Neuer sozialer Kern
Aus dem ehemaligen Keller entsteht durch Abgrabungen ein Erdgeschoß mit einem hellen, offenen Foyer und einem direkten Zugang zum Grünbereich. Von hier aus können sich die SchülerInnen einfach im Haus orientieren und über kurze Wege überall hingelangen. Mit den Garderoben in der Lernlandschaft, der Bibliothek und dem Veranstaltungsraum entsteht ein neuer sozialer Kern.
»Die alten hierarchischen Strukturen mit dunklen Gängen und Angsträumen ersetzten wir durch helle, offene und freundliche Flächen. Jetzt können sich die Kinder sicher und selbstbewusst in ihrem Schulgebäude bewegen.«
Erwin Stättner, Franz&Sue-Partner
Schule mit Herz
Die kommunikative Atmosphäre des neuen Bildungszentrums sieht man am deutlichsten an der zentralen Treppe, die alle vier Stockwerke verbindet und mit den Lufträumen dazwischen das Herz der Schule bildet und spannende Blickachsen in alle Richtungen eröffnet. Lange, dunkle Gänge und tote Winkel ersetzten wir durch mobile Möbel, Klassenräume mit Fenstern zum Gang, gemütliche Sitznischen und verglaste Gruppenräume. Kleine und größere Transformationen im Inneren – das sonnige Farbspektrum oder die gelochten Seekieferdecken mit Sternenhimmel-Beleuchtung – tragen zur offenen und freundlichen Stimmung in der Schule bei, die man schon beim Betreten spürt.
Miteinander wachsen
In unseren Workshops mit den LehrerInnen kam es zu durchaus hitzigen und lebendigen Diskussionen, vor allem wenn es darum ging, wie man sich als Gruppe von Lehrenden räumlich so organisiert, dass sich alle wohlfühlen. Wir nahmen das Bedürfnis nach getrennten Lehrerzimmern mit Einzelarbeitsplätzen ernst und überzeugten die PädagogInnen von einer alternativen Lösung: Ein multifunktionales Möbel steht nun in der Mitte des großen gemeinsamen Lehrerzimmers. Es trennt die Arbeitsbereiche der LehrerInnen der Volksschule und der Neuen Mittelschule voneinander, enthält Spinde und bildet gleichzeitig eine verbindende, gemeinsame Lounge. Das neue Bildungszentrum Innenstadt Leoben zeigt heute als einer der größten Schulstandorte der Region, wie Vielfalt in einer Gemeinschaft mit einer zeitgemäßen Architektur funktionieren kann.
»In mehreren Workshops besprachen wir schon in der Wettbewerbsphase mit 70 LehrerInnen die Aufgabestellung und Anforderungen, ihre Wünsche und Bedürfnisse. Wir lernten, unseren Architektursprech abzulegen und unser Gegenüber lernte, dass die passenden Lösungen häufig nicht die offensichtlichen sind.«
Michael Anhammer, Franz&Sue-Partner
Auftragsart
EU-weit, nicht offener Wettbewerb
Auftraggeber
Infra KG Stadtgemeinde Leoben
Realisierung
2018–2019
BGF
14.557 m²
Auftragsumfang
Gesamte Planung
Ort
Leoben, Steiermark
Status
Realisiert
Baukosten
14.4 Mio. €
Planung
2016-2018
NGF
9.402 m²
MitarbeiterInnen
Martino Libisch (PL), Carla Kuhn, Florian Haim, Barbara Wagner, Ajdin Vukovic
Auszeichnungen
best architects 21, Bessere Lernwelten
Statik
DI Michael Judmayer
Bauphysik
Vatter & Partner
Gebäudetechnik
EMC,
IB Ing. Siegfried Feiel
Brandschutzplanung
Norbert Rabl
Fotografie
Hertha Hurnaus
Weitere Kooperationspartner
Projektsteuerung: Laubreiter Bauingenieur